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1. KURZE MIDI-GESCHICHTE

MIDI (Musical Instrument Digital Interface - Digitale Schnittstelle für Musikinstrumente) ist ein Standard zur Übertragung verschiedener musikalischer Informationen zwischen computergesteuerten Instrumenten, Effektgeräten, Computern, Mischpulten usw. Um MIDI-Daten sinnvoll empfangen, senden und verarbeiten zu können, ist es notwendig, dass das betreffende Instrument computerisiert ist. Obwohl es sich bei Computern im allgemeinen zwar um digitale Schaltkreise handelt, ist es nicht unbedingt notwendig, dass das betreffende Instrument vollständig digital aufgebaut sein muss, um über eine MIDI-Schnittstelle verfügen zu können.

Tatsächlich waren die ersten MIDI-kompatiblen Instrumente (der "Prophet 600" von SEQUENTIAL CIRCUITS INCORPORATED und der "Jupiter 6" von ROLAND) in ihrer Klangerzeugung fast vollständig analog aufgebaut. Es muss also sorgfältig zwischen digitalen Instrumenten, die ihre Klänge auf digitaler Ebene berechnen, und digital gesteuerten Instrumenten, die ihre Sounds analog, oder durch eine Kombination analoger und digitaler Verfahren erzeugen, jedoch immer über einen (digitalen) Prozessor zur Steuerung innerhalb des MIDI-Systems verfügen, unterschieden werden.

1.1 Zweck

MIDI lag zuerst nur die Idee zugrunde, zwei Keyboards miteinander zu verbinden, um dann beide gleichzeitig über eine Tastatur spielen zu können. Heute jedoch können via MIDI darüber hinaus nahezu alle musikalisch relevanten Parameter gesteuert werden. Sie können verschiedene Parts/Sounds von einem oder mehreren Instrumenten spielen lassen, deren Sounds umschalten oder sie sogar "von außen" umprogrammieren. Sie können die verschiedensten Effektgeräte über MIDI steuern und auch drastische oder nur subtile Änderungen der Klangfarbe erzielen.

Verschiedene Geräte wie etwa Sequencer, Drumcomputer, Harddiskrecorder etc. können zeitgleich (synchron) abgespielt, angehalten, wie Tonbandgeräte vor- und zurückgespult werden. Mehrere Unter-Standards erlauben es, digitale Klangdaten (zugegebenermaßen relativ langsam) zu übermitteln, Bandmaschinen zu synchronisieren und sogenannte "CueLists" für die Post-Production im Film- und Videobereich zu erstellen und zu senden.

Außerdem ist es selbstredend möglich, die heute verfügbaren Klangerzeuger nicht nur von Tastaturen aus zu steuern. Alternative Steuerungen (mittels MIDI-fizierter Gitarren, Geigen, Blasinstrumente, Schlagzeuge und Akkordeons) ermöglichen auch Nicht-Keyboardern den Zugriff auf die Klänge eines MIDI-lnstruments.

1.2 Grundbegriffe

MIDI besteht aus zwei Komponenten. Die erste ist die Hardware, also die physikalisch erfaßbaren Bestandteile wie z.B. die Platine, die MIDI-Kabel und natürlich auch die MIDI-Buchsen. Alle MIDI-lnstrumente verfügen über die gleichen Anschlußbuchsen und elektrischen Spezifikationen, um eine Kompatibilität zu gewährleisten.

Die zweite Komponente ist die Software, die aus "Messages" (= 'Nachrichten' oder 'Meldungen') bestehende Sprache des Standards. Diese Sprache besteht aus genormten Codes, ähnlich wie andere standardisierte Zeichensätze (z. B. Morse Alphabet oder ASCII-Codes). Diese Codes dienen der Übertragung bestimmter Informationen, wie etwa dem Drücken einer Taste oder dem Bewegen eines Handrades.

Diese Codes sind keinesfalls identisch mit bestimmten Klängen. Wenn Sie z. B. eine Taste anschlagen, so ist das in Bezug auf MIDI ein relativ einfacher Code. In diesem Code sind die Informationen "welche Taste und wie stark wird diese Taste angeschlagen" enthalten. MIDI "weiß" jedoch nichts über die Beschaffenheit des Gerätes, welches diesen Code empfängt, also auch nicht, was für ein Klang (z. B. Klavier- oder Orgelklang) erzeugt werden soll.



Auch wenn es (wie oben erwähnt wurde) möglich ist, digitalisierte Audiodaten (sogenannte "Samples") via MIDI zu übertragen, so ist dieses erstens eher die Ausnahme und zweitens ist dem MIDI-System natürlich nicht bekannt, welcher Art der übertragene Klang ist. Ein weiterer, gravierender Unterschied ist in der anfallenden Datenmenge zu finden. Während der Übertragungscode "Spiele diese Taste..." aus drei Zahlen besteht, sind zur Übertragung eines Audiosignals von z.B. einer Sekunde Länge viele zehntausende von Daten notwendig. Darum ist es nicht möglich, die eigentlichen 'Klänge' unmittelbar beim Spielen 'durch das MIDI Kabel zu schicken'.

MIDI dient also in erster Linie dem Steuern und Kontrollieren von Instrumenten, nicht jedoch der Übermittlung von Klängen.



MIDI erfaßt in erster Linie, was Sie auf einem Instrument spielen, also die Tasten, Spielhilfen (Handräder, Pitchbender, Joysticks etc. ), Fußpedale, Fußtaster usw. Solche Aktionen lassen sich leicht als Zahlen erfassen und via MIDI übertragen. Ein MIDI-Keyboard sendet seine Codes (die auch als "Messages" oder "Events" bezeichnet werden) immer aus, wenn es gespielt wird, unabhängig davon, ob es mit einem empfangenden Gerät verbunden ist oder nicht. Ein empfangendes Gerät kann die eingehenden MIDI-Messages lediglich verarbeiten (oder auch nicht); es kann jedoch den Sender in der Regel nicht identifizieren. Es "weiß" also nicht, ob es von einem Keyboard, einer MIDI-Gitarre oder von einem Sequencer gesteuert wird.



Damit in einem MIDI-System nicht alle Geräte dieselben Noten spielen, ist es möglich, die Messages zu kanalisieren. Dieses geschieht anhand der MIDI-Kanäle. So ist es möglich, einem Gerät, welches z.B. Schlagzeugklänge erzeugen kann, einen anderen MIDI-Kanal zuzuweisen als einem zweiten Instrument, welches z.B. für Bass-Klänge zuständig ist. Die an die Instrumente übermittelten Messages sind mit einer Kanal-Information versehen (man sagt auch "... werden auf einem bestimmten MIDI-Kanal gesendet.."), so dass der Empfänger erkennen kann, welche Informationen er verarbeiten soll (diese werden auf "seinem" MIDI-Kanal übermittelt) und welche nicht.

Viele Instrumente sind heutzutage in der Lage, auf mehreren Kanälen gleichzeitig zu empfangen (dieses wird auch MULTIMODE genannt), so dass ein Instrument z.B. auf Kanal 1 einen Klavierklang, auf Kanal 2 den Klang einer Trompete, auf Kanal 3 einen Orgelsound usw. erzeugen kann. Insgesamt gibt es 16 MIDI Kanäle. Um zwei verschiedene Klänge dasselbe spielen zu lassen, ist es natürlich auch möglich, zwei Geräte (oder zwei Parts eines Multimode-Gerätes) auf demselben MIDI-Kanal zu betreiben.

Sämtliche 16 MIDI-Kanäle werden über ein MIDI-Kabel übertragen. Das läßt sich mit Ihrem Fernseher vergleichen, der ja auch (hoffentlich) mehrere Programme empfangen kann, obwohl er nur ein Antennenkabel benutzt.

1.3 MIDI ist nicht AUDIO

Dieses Absatz behandelt ein Missverständnis, welches MIDI in den 20 Jahren seines bisherigen Bestehens immer begleitet hat, wenn auch aus unterschiedlichen Ursachen :


1983 stand die Technologie der digitalen Audioaufzeichnung und Wiedergabe mit Einführung der CD kurz vor ihrem endgültigen Durchbruch. Die damalige Rechnerlandschaft bestand aus dem Commodore C-64, dem Apple IIe und den ersten PCs. Das erste MIDI-Interface gab es meines Wissens von der Firma Jellinghaus für den C64. Mit derartigen Rechnern war aber überhaupt nicht daran zu denken, digitale Audioaufnahmen erstellen zu können und diese mit MIDI-Daten durcheinander zu würfeln. Dennoch kam es immer wieder zu Verwechslungen zwischen MIDI und AUDIO. Der Hauptgrund dafür lag damals in der weiten Verbreitung der (MIDI-)DIN-Buchsen, die unseligerweise in (europäischen) HIFI-Geräten als Ein- und Ausgangsbuchsen benutzt wurden. Nicht wenige frischgebackene MIDI-Fans stöpselten damals Ihren Synthie an den Grundig Kassettenrekorder und wunderten sich, dass nur komische Knackser aufgenommen wurden...


Heutzutage sind die HIFI-DIN-Buchse und der Kassettenrekorder nahezu ausgestorben, so dass diesbezüglich kaum noch Verwechselungsgefahr besteht, allerdings kommt die Gefahr aus einer anderen Richtung: Moderne Computer können Audiodaten ohne weiteres in Echtzeit aufzeichnen und manipulieren; Sequencerprogramme sind erwachsen geworden und bieten die Funktionalität einer kompletten Digitalen Audioworkstation, in der MIDI- und Audiodaten einträchtig Spur an Spur nebeneinander liegen. Doch wahre Profis kennen (noch?) den Unterschied...
Schwieriger wird es im Amateurbereich, in dem unseligerweise oftmals die Soundkarte als MIDI- Interface genutzt wird. Technisch ist es kein Problem, MIDI-Interfaces für alle möglichen Schnittstellen (COM-Port, Printer-Port, USB...) zu bauen, aber ausgerechnet Soundkarten werden häufig als MIDI-Interface genutzt. Da man mit einer Soundkarte aber sonst auch noch normale Audioaufnahmen machen kann, liegt es natürlich nahe, wieder beides in einen Topf zu werfen. Oftmals ertönen Fragen der Art (es folgt ein reales Zitat) : "Ich habe den Sound meiner Groovebox mit MIDI nach Cubase gespielt, höre beim Abspielen aber ganz andere Sounds meine Soundblasterkarte...."


Daher sei hier (auch im Namen aller Hotline-Mitarbeiter, die auch nach zwanzig Jahren dieses immer noch wieder und wieder erklären müssen) in aller Deutlichkeit gesagt :


(zum nächsten Kapitel)